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Führen in der Sandwichposition

von Kerstin Engel

Vom Mitarbeiter zur Führungskraft

Sie sind gerade Team-, Projekt- oder Abteilungsleiter geworden? Willkommen in der Sandwichposition. Führen im mittleren Management ist ein Balanceakt, hier agieren Sie an der Schnittstelle zwischen Mitarbeitern und Top-Management und damit im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen. Worauf es hier besonders ankommt: Ein klares Rollenverständnis, Kommunikation, Achtsamkeit. Ja, richtig gelesen. Denn der Job im Sandwich birgt ein gewisses Frustpotenzial. Drei Schlüsselfaktoren für einen erfolgreichen Start in der neuen Position.


Was heißt das, Manager in der Sandwichposition? Schauen wir in das Gesundheitswesen: Als Pflegedienstleitung nehmen Sie gleichzeitig Fachaufgaben, Managementaufgaben und Führungsaufgaben wahr. In Ihrer Position haben Sie mit den Interessen und Erwartungen von zwei verschiedenen Parteien zu tun. Durchsetzungsvermögen und Souveränität sind gefragt, wenn die Interessen des Pflegedienstes – z.B. die personelle Aufstellung – gegenüber anderen Mitgliedern der Krankenhausleitung vertreten werden müssen. Gleichzeitig sind Sie als Pflegedienstleitung den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verpflichtet und demzufolge auch dem wirtschaftlichen Erfolg der Klinik. So ist es Ihre Aufgabe, Mittler zwischen verschiedenen Interessen zu sein – und diese jeweils zu vertreten. Von oben werden Einsparungen gefordert, von unten Entlastung. Oben entwickeln sie Visionen, unten werden die Augen verdreht. Und während die Geschäftsleitung Vertraulichkeit erwartet, wünschen sich Mitarbeiter Transparenz. So siehts im Sandwich häufig aus. Gut, wenn Sie sich von Anfang an darüber bewusst sind.

Vom Kollegen zum Vorgesetzten – Grundlagentraining

Wie Sie erfolgreich in Ihre neue Führungsrolle starten

Der Belag zwischen den Brötchenhälften oder das, was den Geschmack ausmacht

Klar ist: Mittlere Manager bilden mit ihren Teams das Rückgrat jedes Unternehmens, ihnen kommt eine Schlüsselfunktion zu. Neben ihrer operativen Arbeit überführen sie Strategie- und Zielvorgaben in das Tagesgeschäft. Sie gestalten Arbeitsprozesse und Workflows, sind verantwortlich für das, was die Mitarbeiter denken und tun – und prägen mit ihrem Führungsstil Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur.

Ob als Team-, Projekt- oder Abteilungsleiter, Vorarbeiter oder Meister, Sie tragen mit Ihren Teams maßgeblich dazu bei, wie erfolgreich und innovativ ein Unternehmen arbeitet – auch hierüber sollten Sie sich bewusst sein und entsprechend selbstbewusst auftreten. Dass Sie in Ihrer Position manchmal der Punchingball für alle und jeden sind – dafür ist es gut, drei Schlüsselfaktoren in dieser Rolle zu kennen. Was ebenfalls hilft, ist ein dickes Fell. Auch unterstützen Coachings und gezielte Qualifizierungen den Kompetenzaufbau in der neuen Rolle.

1. Die eigene Rolle kennen und für sich und andere klar definieren

Führen im mittleren Management heißt führen in der Sandwich-Position

Eine Studie der Dr. Jürgen Meyer Stiftung, die die spezifischen Probleme auf der mittleren Organisationsebene analysiert, skizziert die Aufgabenvielfalt der Sandwich-Chefs, die Fach-, Management- und Führungsaufgaben umfasst. Während die Fachkompetenz den mittleren Führungskräften laut Studie kaum Sorgen bereitet, liegen Probleme eher in den multiplen Rollen, die zu erfüllen sind und manchmal nicht mit den eigenen Werten zusammenpassen.

  • Die Rolle als motivierende, durchsetzungsstarke und loyale Führungskraft, die die Interessen der Mitarbeiter nach oben vertritt und die des Top-Managements nach unten.
  • Die Rolle als Repräsentant des Unternehmens gegenüber Kunden und Geschäftspartnern.
  • Die Expertenrolle, in der Fachkompetenz unter Beweis gestellt werden muss.
  • Die Rolle als (Veränderungs-) Manager, der plant, koordiniert, Impulse an das Top-Management gibt und dessen strategische/konzeptionelle Vorgaben umsetzt.
  • Und die kleinen, täglich wechselnden Rollen als Berater, Kontrolleur, Motivator, Personalentwickler…

In der Sandwichposition sind Sie beides: „Follower“ und „Leader“. Gerade wenn Sie frisch vom Mitarbeiter zur Führungskraft aufgestiegen sind oder diesen Schritt anpeilen, ist es wichtig, sich der Führungsrolle bewusst zu sein und sie auch als solche anzunehmen. Wer das tut und verinnerlicht, tut sich leichter darin, seine neuen Aufgaben auszuführen. Natürlich ist es schöner, weiter auf freundschaftliche Art zusammen zu arbeiten. Aber was, wenn das Top-Management Entscheidungen vorgibt, die dem Team nicht zusagen? Distanz und Professionalität helfen dabei, dass alle wissen, woran sie sind.

Nein-Sagen in der Sandwichposition: Warum klare Grenzen so wichtig sind

Mitarbeiter, Chef, Projektleiter, Kollegen, Kunden – alle wollen etwas von Ihnen, manchmal auch Gegensätzliches. Als Führungskraft brauchen Sie hierfür gute Strategien. Eine davon heißt: Grenzen setzen und auch mal konstruktiv Nein sagen. Nein zu unangemessenen Erwartungen, zum Schutz der eigenen Kapazitäten, zum Schutz der Mitarbeiter. Klare Kante hilft allen Parteien mehr, als es allen recht machen zu wollen. Als Führungskraft müssen Sie Position beziehen, ein eigenes Standing entwickeln. Klar ist, im mittleren Management sind Sie dazu aufgefordert, mitzudenken, zu beraten, selbst aktiv zu sein und sich nicht ausschließlich nach den Aufgabenstellungen und Zielvorgaben des Vorgesetzten zu richten. Ihre Rolle ist nicht, alles abzunicken und kaum lösbare Aufgaben an die eigenen Mitarbeiter weiterzugeben. Das kann Sie den Respekt als auch die Motivation Ihrer Mitarbeiter kosten. Es gilt: Auch Ihre eigenen und die Bedürfnisse und Ziele Ihrer Mitarbeiter müssen Sie vertreten.

Wichtig ist auch, dass Ihre neue Rolle und deren wichtigste Funktion klar definiert sind. Neben einem ausführlichen Austausch mit dem
Vorgesetzten bietet, wenn vorhanden, übergeordnet das unternehmenseigene Führungsleitbild Orientierung. Es hält Ziele, Erwartungen und Verantwortlichkeiten fest und bietet klare Handlungsleitlinien. Machen Sie sich bewusst, was Sie selbst gern erreichen möchten und welche Ansprüche Sie an Ihren eigenen Führungsstil haben.

2. Schlüsselfaktor Information und Kommunikation

Führungskräfte im mittleren Management sind vor allem Informationsvermittler. Als Wissensträger steuern und vermitteln sie Informationen in die verschiedenen Richtungen. Dabei müssen sie viel, aber nicht immer alles kommunizieren. Dies gilt von oben nach unten wie von unten nach oben. Es kann sein, dass sie nicht alle Vorgaben, die sie umsetzen, auch inhaltlich mittragen – das sollten sie aber weder zeigen noch kommunizieren. Umgekehrt sollten sie den Belegschaftsfrust nicht ungefiltert nach oben tragen, Mitarbeiterzufriedenheit ist ja auch Teil ihres Jobs. Nur eins sollte wirklich immer kommuniziert werden: Erfolge.

Kommunikation ist der Schlüsselfaktor im mittleren Management – und zwar in beide Richtungen.

Die Mitarbeiter: kommunizieren nach unten

Der Klassiker: Bevor die Führungskraft die eigenen Mitarbeiter über Veränderungen oder Neuerungen informiert, hat es der Flurfunk bereits getan. Dies sollte selten bis nie passieren, denn es erzeugt Frust in der Belegschaft. Eine frühe und umfassende Kommunikation von Unternehmenszielen, Neuausrichtungen oder anderen Themen sind wichtig für Vertrauen und Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter. Digitale Medien bieten dabei zunehmende Gestaltungsspielräume in der Kommunikation.

Ihr Team sollte immer das Gefühl haben, mit Fragen und Problemen zu Ihnen kommen zu können. Passt es nicht gleich, geben sie Ihnen Leuten später die Chance. Die klare Kommunikation von Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie regelmäßiges Feedback, nicht nur im jährlichen Mitarbeitergespräch, sind wichtige Grundlagen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Die Vorgesetzten: kommunizieren nach oben

Auch dem Verhältnis und der Kommunikation mit dem Vorgesetzten sollten Sie von Anfang an Bedeutung schenken. Sie werden ja immer wieder Anliegen oder Ideen haben, die Sie durchsetzen möchten. Durchdenken Sie Ihre Kommunikation mit dem Vorgesetzten genauso gut, wie die mit Ihren Mitarbeitern. Finden Sie heraus, wie die Verständigung am besten funktioniert – telefonisch, per Mail, persönlich? Werden ausgiebige Meetings oder kurze Besprechungen bevorzugt? Diese Punkte sollten Sie so bald wie möglich klären, um reibungslose Kommunikationsabläufe zu schaffen und mögliche Konflikte zu vermeiden. Wie für Ihr Team gilt auch für Sie: Probleme rechtzeitig kommunizieren.

360 Grad: Feedback-Kultur pflegen

Fordern Sie sowohl vom Chef als auch von Ihren Mitarbeitern Feedback und Austausch ein, nur wenn Sie die Erwartungen kennen, können Sie sie erfüllen. Eine offene, konstruktive Austauschkultur ermöglicht es Ihnen, Vorgesetzte faktenbasiert zu kritisieren sowie kritische Dinge anzusprechen. Ein offener und ehrlicher Umgang miteinander auf sachlicher Ebene ist elementar für eine gute Zusammenarbeit. Regelmäßige bilaterale Meetings können eine Plattform für wichtige Updates und offenes Feedback von beiden Seiten sein.

Besondere Herausforderung: Remote-Teams führen

Die Corona-Krise hat Führungskräfte abrupt in eine stark veränderte Führungssituation katapultiert. Plötzlich müssen die persönlichen Beziehungen multimedial gestaltet werden. Führungskräfte mussten und müssen pandemiebedingt die richtige Mischung aus Delegation, Teamorganisation, Selbstverantwortung und Führsorgepflicht realisieren – bei gleichbleibenden Anforderungen an Qualität und Ressourceneinsatz. Dabei sind Vertrauen, Wertschätzung, Beteiligung und Kommunikation auf Augenhöhe wichtige Erfolgsfaktoren. Achten Sie als Führungskraft darauf, unterschiedliche Situationen zu schaffen, in denen Sie mit Ihren Mitarbeitern in Austausch treten. Laut einer Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart und der Ludwig-Maximilians-Universität München sollte Führung in der aktuellen Krise beziehungs- und aufgabenorientiert sein, Autonomie und Teamzusammenhalt fördern. Was der kurze Austausch an der Kaffeemaschine oder in der Kantine war, ist jetzt die gemeinsame virtual coffee break vor dem Computer.

3. Vorsicht vor dem Burn Out! Sie sollten auch sich selbst führen

Druck von oben, Unterstützungsbedarf von unten, Erwartungen gleichrangiger Kollegen – auf der mittleren Führungsebene kommt das Feuer von allen Seiten. Sie müssen Ihre Positionen gegenüber der Unternehmensführung wie den Mitarbeitern erklären und verteidigen, das ist kräftezehrend. Deshalb bleibt die Sandwichposition selten ohne Folgen: Acht von zehn Managern seien gestresst, fand die Techniker Krankenkasse in einer repräsentativen Umfrage heraus. Besonders stressgefährdet sind Führungskräfte zwischen zwei Hierarchieebenen. „Sie müssen gleichzeitig den Ansprüchen ihrer Führungskräfte und ihrer Mitarbeiter gerecht werden und dazu auch denen ihrer Familie“, sagte der TK-Psychologe Heiko Schulz zum Ärzteblatt. Zu den größten Stresstreiber zählen Arbeitslast, Termindruck, Informationsüberflutung und ungenaue Anweisungen ihrer eigenen Vorgesetzten.

Umso wichtiger: Sich auch selbst zu führen. Auch Ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen sollten Sie im Blick zu haben. Gerade zu Beginn einer Führungstätigkeit sind Austausch- und Sparringspartner oder Mentoren in oder außerhalb des Unternehmens wichtig, um Überforderungssituationen zu vermeiden. Wenn Sie Glück haben, finden Sie in Ihrem Chef bereits einen guten Ratgeber und Förderer. Falls nicht, vernetzen Sie sich gezielt und systematisch auf allen Hierarchieebenen im Unternehmen. Sowohl zu Ihren Mitarbeitern als auch zu Vorgesetzten und Managern anderer Abteilungen sind gute Kontakte wichtig.

Die Jobs im mittleren Management sind Schlüsselpositionen, seien Sie selbstbewusst, fordern Sie Coachings und Qualifizierungen sowie eine gesunde Work Live Balance ein.

Video: Führen in der Sandwichposition

Corona erhöht den Stress – was Sie als Führungskraft für sich tun können

Laut einer Oracle-Studie war 2020 das für Arbeitnehmer stressigste Jahr der Geschichte. Die pandemiebedingte Ausnahmesituation führt speziell für Führungskräfte zu einer erhöhten Belastung. Kontrolle behalten, Produktivität sichern, Mitarbeitern mögliche Ängste nehmen und eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit aus der Ferne organisieren: die neuen Herausforderungen sind vielfältig. Eine mitunter neue Technik und virtuelle, straffer getaktete, Meetings – schnell kann das zu einem Gefühl der Überforderung führen. Dazu fließende Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, die laut einer Studie der TU Chemnitz jeden vierten Arbeitnehmer belastet. Im schlimmsten Fall kann so ein Burnout drohen. Deshalb wichtig: Pausen einzuplanen, sie aktiv zu gestalten und immer wieder auch das informelle Gespräch mit Kollegen zu suchen. Dafür können auch regelmäßige Termine eingeplant werden, zu denen man sich virtuell zusammenfindet. Natürlich können auch Sie als Führungskraft im mittleren Management mal Nein sagen, wenn es zu viel wird, und auch Sie können pünktlich Feierabend machen. Denn wie für Ihre Mitarbeiter gilt auch für Sie im Homeoffice, auf sich selbst aufzupassen, bewusst für Abwechslung nach der Arbeit zu sorgen. Individuelle oder familiäre Rituale können helfen dabei, den PC – und die Gedanken an die Arbeit – wirklich herunterzufahren.

Führen in der Sandwichposition
Kerstin Engel
Redakteurin - Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW)

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